Mit einem Zitat von Friedrich Nietzsche begann das Gespräch mit Frau Prof. Aleida Assmann: „Das habe ich getan“ sagt mein Gedächtnis. Das kann ich nicht getan haben — sagt mein Stolz und bleibt unerbittlich. Endlich — gibt das Gedächtnis nach“
Über das Gedächtnis und seine
Funktionsweise, über Formen des kollektiven Erinnerns in Gesellschaften, zu
Verdrängungen und Vergessen, zu historischen Traumata und ihrer Verarbeitung, forscht
die in Konstanz mit ihrem Mann, dem Ägyptologen Jan Assman, lebende Kulturwissenschaftlerin Prof. Aleida
Assmann seit vielen Jahren. Im jour fixe erzählt sie anschaulich und lebendig
aus ihrem Forscherleben mit Jan Assmann – als Anglistin hat sie ebenfalls
Ägyptologie studiert, um im Gespräch mit ihrem Mann zu bleiben, und Jan Assmann
hat Jane Austen und die englische Literatur gelesen, um seiner Frau ein
adäquater Gesprächspartner zu sein.
Aleida Assmann steht für den Begriff des kollektiven Erinnerns und was genau
darunter zu verstehen ist – im Unterschied zum privaten Erinnern in der Familie
– hat sie anschaulich und lebhaft vermittelt. Es gab genug Stoff, um über die
Rolle des gemeinsamen Erinnerns in der Gesellschaft zu sprechen, schließlich
fand der jour fixe, ein Tag nach dem 9. November statt, an dem wir an die Reichsprogromnacht 1938 erinnern.
Gleichzeitig findet zu diesem Zeitpunkt auch das Gedenken an den Mauerfall vor
dreißig Jahren statt, das sich heute anders darstellt als noch vor zehn Jahren.
Dies zeigt: das Gedächtnis ist nicht starr, sondern ändert sich immer wieder. Aleida
Assmann machte diese auch an dem Erinnern an den Holocaust – einer der
Forschungsschwerpunkte der Kulturwissenschaftlerin – deutlich und auch an die
Pflicht, der Opfer des Holocaust zu gedenken.
Es war ein überaus fesselnder Vormittag und wir danken Frau Prof. Aleida Assmann, das sie uns auf eine so lebendige Weise in die Ergebnisse ihres Forschens über das Erinnern und das kollektive Gedächtnis teilnehmen ließ. Unsere Gäste bedankten sich mit lang anhaltendem Beifall für diesen besonderen jour fixe im Jubiläumsjahr.
FOTO: Nikolai Stabusch