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RÜCKBLICK PREVIEW »GELOBT SEI GOTT« MIT ANSCHLIESSENDEM FILMGESPRÄCH

RÜCKBLICK PREVIEW »GELOBT SEI GOTT« MIT ANSCHLIESSENDEM FILMGESPRÄCH

„So aktuell ist das Kino selten“, befand die SZ.
Und tatsächlich: In den Tagen vor der filmsociety-Preview zu François Ozons neuem Film „Gelobt sei Gott“ am 25. September im Off Broadway war Ozons-Thema Missbrauch in der Katholischen Kirche gleich mehrfach prominent in der Presse vertreten. Da ging es um Entschädigungszahlungen oder die Konfrontation der deutschen Reformer um Kardinal März mit dem Papst. Und so war auch das anschließende Gespräch mit Ursula Enders von Zartbitter e.V., seit 20 Jahren tätig zum Problembereich Missbrauch in Institutionen und Expertin im Bereich der Aufarbeitung von Missbrauch in Pfarrgemeinden und Institutionen in kirchlicher Trägerschaft, ebenso aktuell wie der im Frühjahr auf der Berlinale mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnete Film über einen Skandal und den anschließenden Prozess, der noch nicht ganz abgeschlossen ist: François Ozons neuer Film beruht auf Tatsachen und erzählt von einem Missbrauchsskandal in Lyon beziehungsweise den Versuch der Katholischen Kirche, den Missbrauch zu vertuschen.

Ursula Enders befand im anschließenden Gespräch zwar, dass der Film, der ganz nah an drei Vorbildern aus dem wirklichen Leben erzählt ist, im Vergleich zur Wirklichkeit, wie sie sie in ihrem Berufsalltag erlebt, „wie ein Spaziergang“ wirkt. Sie fand den Film dennoch gelungen und wichtig, weil er das Thema neu anstößt und gut einfängt. Dass ein Spielfilm dramaturgisch vereinfachen und abschwächen muss, sei auch ihr klar.
Das größte Problem am Missbrauchsskandal sei, so Enders weiter, dass die Kirche versuche, die Probleme intern zu lösen. Und das unter anderem, in dem sie psychologisch und moralisch Druck auf die Opfer ausübe. Der Kirche ginge es häufig darum, am Ende gut dazustehen. Doch Enders warnte vor Verallgemeinerungen. Denn es gäbe auch viele Kirchenvertreter die für eine uneingeschränkte Aufklärung einstünden. Im Gegenzug wolle sie mit der Fehleinschätzung aufräumen, dass die Probleme nur in der Katholischen Kirche zu finden sei. In der Evangelischen Kirche sei das Problem nicht geringer, nur eben noch nicht so bekannt. Die Katholische Kirche hingegen stünde inzwischen so sehr an der Wand, dass sie gar nicht mehr anders könne, als aufzuklären.
An dem angeregten Gespräch beteiligten sich auch zahlreiche Stimmen aus dem Publikum. Auch nach knapp zweieinhalb Stunden Film blieben die Gäste bis zum Ende der spannenden Diskussion.     

Christian Meyer-Pröpstl, Programmleiter der filmsociety, im Gespräch mit Ursula Enders der Kontakt- und Informationsstelle Zartbitter e.V. gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen

Foto: privat

Text: Christian Meyer-Pröpstl

 

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